Abenteuerliches Kochen

Von Philé und Magga wurden wir vor einiger Zeit angefragt, ob wir am MoningStar Retreat kochen würden.An dem Weekend trafen sich diejenigen leitenden Personen, die das Programm MoningStar in ihrer Region umsetzen. Dabei geht es vor allem darum Freizeitangebote für Kinder aus den Armenvierteln / Settlements zu generieren. Wenn die Kids nicht in der Schule sind, werden sie oftmals sich selbst überlassen. Deshalb ist es das Ziel, den Kindern neue Impulse, Gedankenanstösse und Motivation für ihr Leben weiterzugeben. Es wird gespielt, gelacht, gesungen und biblische Geschichten erzählt.Ich finde es eine super Sache! Die Kinder sind ja bekanntlich die Zukunft. Mehr über das Projekt MoningStar findet ihr auf www.moningstar.org. (Achtung: Moning ist in Pidgin und nicht Englisch geschrieben, daher beinhaltet es kein «R»).

Chregu und ich sagten zu. Wir kochten in der Kurszentrumküche, welche mit 4 Pods und 1 Holzofen ausgestattet war.

Am Freitagabend machten wir Pizza für die Anwesenden. Chregu feuerte in den Holzofen ein. Bei diesem Modell gibt es kein Temperaturmesser. Da muss einfach mit viel Gefühl gearbeitet werden. Leider funktionierte der über den Kochstellen eingerichtete Dampfabzug nicht. So war die ganze Küche schnell mit Rauch gefüllt. Wir öffneten alle Fenster und man konnte meinen, wir wollten den umliegenden Dörfern etwas mit Rauchzeichen mitteilen. Chregu heizte als Gegenmassnahme unter dem äussersten Kochkessel ein, damit die produzierte Thermik das Abziehen des Rauches ermöglichte. Als sich der Rauch grösstenteils verzogen hatte, ging es ans Pizza zubereiten. Magga hatte uns den Teig mit ihrer Kenwood bereits geknetet. So konnten wir ihn nur noch auswallen und belegen. Zuerst die gewürzte Tomatensauce, dann wenig Käse, dafür Pilze, Ananas, Thunfisch, Mais und Schinken gehörte zum Angebot. Die Neuguinesen sind sich ein solches Essen nicht gewöhnt. Diejenigen, die in der Stadt leben, kennen es am ehesten. Jedenfalls war das Essen sehr schnell verspiesen. Es ist sowieso uuuunglaublich wie viel Neuguinesen verdrücken können. Eine Mahlzeit kann z.B. aus 300g Reis bestehen.
Zum Dessert oder als Bettmümpfeli, wie auch immer sie das nennen / wahrnehmen, gab es feinen Kuchen und Früchte.

Zum Morgenessen tischten wir Toastbrot und Buns (ähnlich wie Weggli, einfach dicker), Margarine, Honig und Konfi auf. Das ist ja eigentlich nicht viel, weshalb wir uns wunderten, weshalb es nicht so schnell vorwärts ging. Ich liess sie machen und begann in der Küche weitere Vorbereitungen zu treffen. Als wir zurück in den Esssaal gingen, hatte sich die Schlange auf ein paar einzelne Personen reduziert. Am Ende des Tisches mit der Frühstücksauswahl viel mir plötzlich ein Haufen verdreckter Messer ins Auge. In meinem Gehirn rotierte es. Weshalb sollten sie ihre Messer hier lassen? Nun beobachtete ich die noch verbliebenen Leute am «Buffet». Jeder nahm einige Toastbrote (ca. 6-8) und vielleicht noch einen Bun in den Teller. Danach bestrichen sie jedes einzelne Brot mit Margarine und Honig oder Konfi. Und dies direkt an diesem «Buffet».

So wird der eigene Horizont erweitert. Die eigene Handhabung ist halt nicht automatisch die der anderen. Zum Glück hatte ich noch nicht so einen riesen Hunger und ich wartete geduldig in der Schlange. Als ich an der Reihe war, tat ich es ihnen gleich und bestrich das Brötchen, bevor ich an einem der Tische Platz nahm. Zum Trinken konnte man sich selber Kaffee oder Schwarztee anmachen. Der Kaffee der Neuguinesen wird meistens nach dem Schema 1, 2, 3 angemischt. 1 Löffel Kaffeepulver, 2 Löffel Milchpulver oder Coffeemate, 3 Löffel Zucker. Als mal kurz der Zucker ausging, schlichen plötzlich alle weg und niemand wollte mehr einen Kaffee. Fazit: ohne Zucker geht gar nichts 😉 Er war schnell wieder aufgefüllt und die Leute auch schnell wieder da.
So um 10.30 Uhr hatten sie nochmals Pause. Wir machten Ananas, Bananen und Papaya für sie parat. Das kennen und lieben sie.

Zum Mittagessen gab es Kürbissuppe. Da Magga viele Kürbisse zu ernten hatte, bereitete sie uns diese bereits eine Woche vorher zu und fror sie ein. In einem der Kochkessel wurde sie nun von Chregu erhitzt, ein wenig gestreckt und gewürzt. Kurz vor 12 Uhr versuchten wir einen Löffel davon. Es mundete uns sehr gut und somit galt die Suppe als fertig. Wir warteten, bis die MoningStar Leader Mittagspause machten. Nach etwa 15 Minuten war es dann soweit. Wir waren im Nu bereit und schöpften nach dem gemeinsamen Dankgebet die Suppe in ihre Teller. Als alle geholt hatten, gossen wir uns ebenfalls in unsere Teller und setzten uns. Voller Freude füllte ich den Löffel und schob ihn in den Mund. Hmm, schmeckt schon ein bisschen schärfer, als wir sie probiert hatten. Und es kratzt ziemlich im Hals. Ok, ich mag scharfes Essen nicht sonderlich. Doch auch Chregu bemerkte die minime Note an Schärfe. Nach ein paar Minuten entdeckte ich am Tisch hinter Chregu eine Frau, die sich während des Essens immer wieder die Stirn abtupfte. Die Frau neben mir begann in geringen Abständen zu schniefen. Ohoo. Zu scharf für die Einheimischen. Ich fragte meine Banknachbarin, ob ihr das Essen schmeckt und entschuldigte mich für die Schärfe. Sie lächelte und beteuerte, es sei super, bedankte sich bei uns und schniefte weiter. Ja, das sind sich die Neuguinesen auch nicht gewohnt. Tapfer assen sie ihre Teller aus.
Zum Abendessen dachten wir, wird es etwas geben, das sie ganz sicher mögen. Kaukau (Süsskartoffeln) aus der Asche und grilliertes Poulet. Chregu bestrich das Poulet mit einer eigens hergestellten Soja-Honig-Senf Marinade. Ich freute mich bereits darauf. Das Housegirl Christina übernahm die Zubereitung der Kaukau. Da es leider während des Tages immer wieder regnete, beschlossen wir, dass die Kaukau im Holzofen gemacht werden. Für das Poulet installierte Chregu einen Rost über einer der Feuerstellen in der Küche. Hierzu musste er den Kochtopf aus der gusseisernen Feuerstelle herausheben. Die Grillzange, welche Chregu gefunden hatte, betitelte er als Prototyp der Webber-Grillzangen. Eine Zange, die längst in ein Museum gehörte. Aber es musste nun mal ausreichen. Er hat es auf jeden Fall gut gemeistert.

Die Neuguinesen freuten sich jedenfalls über das ihnen bekannte Essen und schlugen zu. Als jeder seinen Teller beladen hatte, legte ich ein Brett auf die Schüssel mit dem Fleisch. Die Fliegen mögen den Geruch anscheinend auch sehr. Als ich am Essen war, bemerkte ich, dass sich noch niemand Nachschlag gönnte. Ich war irritiert. Es ist ein Essen, das sie kennen und gerne haben. Weshalb schlagen sie dann nicht zu? Ich kontrollierte kurz, ob es noch von allem hatte. Es war noch fast so, wie ich es zurück gelassen hatte. Ich machte mich auf zu Philemon und bat ihn, die Leute aufzufordern, sich ruhig noch mehr Essen zu holen. Er machte die Ansage auf eine lustige Art und Weise. Zum Schluss sagte er, sonst müsse er Rico, den Wachhund, holen. Dieser würde das Fleisch bestimmt mit Genuss verspeisen. Wie kleine Wirbelwinde fegten alle mit ihren leeren Tellern davon und tauchten mit gefüllten wieder auf. Schnell waren die Schüsseln leer. Sie haben sich wohl nicht getraut noch mehr zu holen, da ich das Brett auf die Schüsseln gelegt hatte. Auch schöpfen die Neuguinesen oftmals einen riesen Teller voll und gehen danach nicht mehr nachschöpfen. Dass sie «bedient» werden, ist für sie wohl auch eher speziell. Was sie sich wohl beim ersten Mal Essen holen überlegt hatten? Bei der aus ihrer Sicht wohl geringen Menge an Essen, das auf ihre Teller geschöpft wurde? Vielleicht dass sie nun auf Diät gesetzt werden? Der Kuchen würde es dann wohl wieder ausgleichen 😉

Als kirap nogut (=erschrecken oder Überraschung) gab es zum Dessert Ice Cream. Die 8 Liter Schokoladenglace war schnell verteilt. Die meisten kamen für ein weiteres «TopUp» vorbei. Einer erhielt sogar 3 x 2 Kugeln. Philemon informierte uns, dass einer mal zuviel Glace gegessen hatte und die ganze Nacht nicht schlafen konnte, weil er vom vielen Zucker so zitterte und einen kalten Bauch hatte.

Am nächsten Tag machten wir dasselbe Frühstück parat wie am Tag zuvor. Über die angebrauchten und liegengelassenen Messer machte ich mir keinen Kopf mehr. Nach dem Essen fingen wir mit dem Aufräumen und Säubern der Küche an. Als der MoningStar Retreat um 12 Uhr endete, gaben wir jedem eine Cola und ein Cracker auf den Heimweg. Diejenigen, die einen weiteren Weg hatten, erhielten die übrig gebliebenen Buns und Toasts mit auf den Weg. Es waren aufgestellte junge Menschen, die gerne mit Kids etwas unternehmen und mit ihnen Spass haben. Diese Motivation spürten wir gut.

 

Am Nachmittag feierten wir den Geburtstag von Philemon. Magga hatte ihm eine wunderschöne Vacherintorte mit Mandarineneis zubereitet. Wir genossen die Torte, den Kaffee und die Gemeinschaft. Becky (Kurzform von Rebekka), die Schwester von Chrissi, war auch mit von Partie. Sie ist für ein Jahr in PNG und ist unter anderem bei Besuchen in den Settlements dabei gewesen. Ich habe mich sehr gut mit ihr verstanden. Leider muss sie schon bald zurück nach Deutschland. Aber ich sehe sie kurz vorher noch, wenn sie für die letzten paar Tage zu Chrissi ins Kassam kommt. Dann werden wir dann richtig Pizza machen. Mit viel Käse und dünnem Teig. Natürlich bei uns im Cheminée.

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