Wasserbohren leicht gemacht?

Dumpfes Brummen begleitet uns durch den Tag. Seit über 6 Wochen ist eine Wasserbohrung auf unserer Station im Gange. Die Bohrung ist in erster Linie für die Wasserversorgung des Spitals und der Schule gedacht. Wenn jedoch die Wassermenge genügend ist, haben wir die Option, dass wenn das nächste Mal die Vertragserneuerung  ansteht und die Papas blong wara wieder überhöhte Forderungen haben, können wir unsere Häuser ebenfalls an die Versorgung anschliessen und damit unabhängig von Drittpersonen werden.

Momentan beziehen wir es direkt von einer Quelle (Trinkwasser) und vom Fluss (nur Waschwasser). Für das Anzapfen der Quelle bezahlen wir jährlich einen ausgehandelten Betrag an Papa bilong wara (Eigentümer). Dieses Jahr mussten wir mit den entsprechenden Personen einen neuen Vertrag aushandeln. Sie forderten einen überhöhten Preis und liessen sich lange nicht davon abbringen. Die Erhöhung betrug fast 250%, was definitiv nicht in unserem Budget lag. Mittlerweile konnten wir uns auf einen Preis einigen, der gaaanz knapp noch ok ist.

Wie gesagt, nun sind die Männer an einer 8inch grossen und 30m tiefen Bohrung. Wer sich etwas mit Brunnenbohrung auskennt oder darüber recherchiert, stellt fest, dass eine solche Bohrung in aller Regel spätestens nach 2 Tagen abgeschlossen sein sollte. Wir sind hier jedoch nicht in Europa. Nein, wir haben durchschnittlich auch nicht felsigeren oder härteren Boden, es ist einfach the land of unexpected. So sind auch die Leute hier „morgsi u gröbli…“.

Nun folgt eine Auflistung wieso dies so lange dauert und die Bohrung immer noch nicht fertig ist…

  • Ankunft mit Hindernissen. Am 7. Nov hat der Unternehmer angerufen und informiert, dass der Truck, den er für den Transport der Maschine gemietet hatte, eine Panne hat und nun die Leute versuchen, das Problem zu beheben. Da sind wir das erste Mal eingesprungen und haben mit unserem Truck die Maschine und die Ausrüstung abgeholt und ins Kassam transportiert (so à la „ziemer die Schissi hei“ 😉 ).

 

  • Am Montag darauf haben die Männer mit dem Aufbau der Maschine begonnen und konnten am Mittwoch 11 mit der Bohrung starten. Am ersten Tag erreichten sie doch eine Tiefe von 3.5m.
  • Am Donnerstagmorgen vernahmen wir keine Geräusche der laufenden Motoren. Wie sich herausstellte, haben sie nicht gut geschaut und der eine Motor, von denen es 2 benötigte, war ohne Motorenöl betrieben worden, was zu dessen Blockierung führte. In der Werkstatt zerlegten wir den Motor, um herauszufinden, wo das Problem lag. Die Ursache lag bei einem Hauptlager. Der Eigentümer versuchte ein Ersatzteil dafür aufzutreiben, doch leider ohne Erfolg. Nach über einer Woche versuchen und probieren, gaben wir es auf. Es waren einfach nicht die richtigen Teile vorhanden und diese, die wir angefertigt hatten, funktionierten leider auch nicht.

 

  • Am 21.11 gingen Andrea und ich in die Ferien und somit lag dann alles bei Hanspeter. Er konnte noch einen alten Lister-Motor wieder zusammenbauen. Irgendwie fand er alle Teile, die es dafür benötigte, und konnte den Motor wieder in Betrieb setzen. Leider funktionierte dies dann auch nicht wie gewünscht, da der Hatz Diesel mit 3‘000 Umdrehungen läuft und der Lister nur mit 1´500. Irgendwie ging es dann aber trotzdem… bis sich das nächste Problem abzeichnete…

 

  • Das nächste kam schneller als erwartet…..der Bohrmannschaft fiel ein Rollgabelschlüssel ins Bohrloch, das mittlerweile eine Tiefe von 5m erreicht hatte. Trotz Versuch diesen zu angeln – nein sie haben kein 120kg Magnet – gelang es ihnen nicht. So mussten sie dieses Loch aufgeben, verlagerten alles um ca. 80cm und begannen mit der Bohrung von vorne.

 

  • Irgendwann in den Ferien brachte mich Hanspeter auf den neusten Stand. Sie waren wiederum bei 5m angelangt und das nächste Problem lag an. Die Hydraulikpumpen hatten kurzum mehr Leckage als sie förderten. Als ich dann aus den Ferien zurückkam, war zuerst die Graduation der Trainees am 3.12 und an diesem Tag ging halt nichts. Am Tag darauf versuchte ich das Problem zu beheben und zerlegte dazu die Pumpen. Ich versuchte die richtigen Dichtungen in Lae zu bekommen, musste jedoch das Gehäuse etwas anpassen, da die richtige Grösse der Dichtringe nicht vorhanden war. Auf dem Drehbank fertigte ich zuerst eine Adapterhalte-Platte an, damit das Gehäuse, welches angepasst werden musste, sauber aufgespannt und zentriert werden konnte. Nach der Fertigstellung montierten wir die Pumpe wieder am Lister. Nach kurzer Laufzeit jedoch ergab sich das Problem der ungleichen Drücke, da die Motoren mit unterschiedlichen Drehzahlen liefen. Da ich nun des ganzen überdrüssig wurde und in Ruhe das ganze überdenken und reparieren wollte, schloss ich die Systeme der 4 Pumpen kurzerhand kurz und liess die Arbeiter nun mit nur 2 Pumpen arbeiten. Und siehe da, an diesem Tag, es war der 5.12, konnten sie ganze 8.5m bohren und erreichten somit eine Gesamttiefe von 13.5m.

 

  • Nun keimte die Hoffnung wieder auf, da es nun endlich wieder vorwärts ging. Doch am Dienstag darauf hackte es bereits wieder. Am Montag bohrten sie weitere 7.5m und standen auf 21m. Die Leistung liess mit jeder Bohrstange, die zusätzlich am Bohrgetriebe hing, merklich nach und so bohrten sie am Dienstag nur einen halben Meter. Markus Tanner, welcher mit seiner Family im Kassam in den Ferien war, ging immer wieder mal nachschauen, wie es so läuft. Ihm fiel auf, dass sich manchmal das Bohrgestänge von Hand drehen liess und dann wiederum so fest blockiert war,  dass es selbst mit der grossen Rohrzange fast unmöglich schien, das Bohrgestänge zu drehen. So sagte er ihnen, sie sollen das Getriebe zerlegen und schauen, ob etwas mit der Lagerung nicht in Ordnung sei. Natürlich war es das nicht, denn das Getriebe wurde statt den originalen 8 Schauben nur von 3 Gewindestangen zusammen gehalten und das auch noch ohne Zugkraft. Und von Dichtheit und Öl im Getriebe konnten die Lager nur träumen. Im Klartext: Die Lager waren in ihre Bestandteile aufgelöst,  da die Drehkupplung des Spülwassers auch Verlust hatte und somit die Lager statt im Öl, im mit Sand versetzten Spülwasser liefen.  Der Eigentümer ging daraufhin nach Lae, um neue Lager und Simmeringe zu organisieren. Die richtige Gösse der Lager war jedoch nicht zu bekommen, so dass ich kurzerhand die nächst grössere Aussengrösse bestellte. Diese wurden dann auf der Drehbank herunter gearbeitet. Da es sich um gehärteten Lagerstahl handelte, musste ich es herunterschliefen. Dazu konstruierte ich einen Halter, in welchem ich den Luftwinkelschleifer einspannen und die Lagerringe von 130mm auf 127mm herunterschleifen konnte.

    Auch für die Simmeringe mussten teilweise Adapterringe gedreht werden, da die korrekten Grössen ebenfalls nicht erhältlich waren. Die ganzen Anpassungs-  und Zusammenbau-Arbeiten dauerten ca. 3.5 Tage, in denen Markus trotz Ferien auch noch zeitweise mitgeholfen hat.

    Am Dienstag 15.12 konnte das Getriebe wieder eingebaut werden und die Arbeiten gingen wieder voran. Aber langsam…

  • Am 17.12 kam dann der Eigentümer, um zu informieren, dass sie nun kurzum auf 29.5m sind. Nun möchte er die Rohre, die hineingesenkt werden und alle anderen Dinge, wie die Pumpe, kaufen gehen. Da er schon fast die ganze Zahlung erhalten hatte und nun trotzdem nicht mehr flüssig war, planten wir für den nächsten Tag einen Trip nach Lae, um diese Dinge zu organisieren. Wir gingen zusammen, denn von nun an konnten und wollten wir ihm kein Geld mehr einfach so geben. Am Anfang sah alles ganz gut aus und wir fanden alles relativ schnell. Dann ging es um die PVC-Rohre, welche in das Loch abgesenkt werden sollen. Wir suchten lange. Sogar beim Hersteller selber versuchten wir, welche aufzutreiben. Jedes Mal hiess es jedoch: „nogat long stock“ (nichts mehr an Lager). Beim ca. 6. Hardware-Shop fanden wir dann doch noch die gewünschten Highpressurepipes. Ich war sehr erleichtert. Vielleicht fragt ihr euch, wieso dass dies erst gekauft oder organisiert wird, wenn es gebraucht wird und nicht schon früher, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt? Dies ist in dieser Kultur einfach so verwurzelt, denn die Leute hier müssen sozusagen nichts vorausplanen. Es kommt, wie es kommt. Das essen wächst das ganze Jahr im Garten, nichts muss für schlechte Zeiten oder Winter vorbereitet werden. Klar hätte ich schon früher intervenieren sollen und dies organisieren, doch ich war zu beschäftig mit den immer wieder neuen Reparaturen der Maschine.

 

  • Am 18.12 morgens entluden wir dann das Auto. Eigentlich wollte ich die Rohre direkt an der Bohrstelle entladen, jedoch kam mir der nächste Zwischenfall zuvor. Als der Eigentümer und ich in Lae waren, haben seine Arbeiter mit dem Cleanout begonnen -das Bohrloch zu säubern. Dabei ist ihnen das Bohrgestänge gebrochen und somit sind nun noch 6m Gestänge und der Bohrkopf im Loch. Statt dass sie dies sofort gemeldet hätten und wir ein Fishingtool aus Lae mitnehmen konnten, gibt es nun wieder einen Unterbruch. Der Eigentümer ist ging wieder zurück nach Lae, um entsprechendes zu holen… so ist die 6. Woche zu Ende gegangen und Wasser wurde immer noch nicht gefördert.

 

  • Am Montag meldete sich der Eigentümer. Sein eigenes Tool, welches er wohl gemeinsam mit anderen besass, haben die anderen verkauft und er wusste nichts davon. Er suchte dann weiter und fand eines, welches jedoch nicht den Anforderungen entsprach. Bei uns war das Bohrgestänge gebrochen und nicht beim Zerlegen ins Loch gefallen. Deshalb benötigten wir ein Tool, welches sowohl Gewinde schneiden als auch das Gestänge anschliessend heben kann. Nachdem ich mich noch etwas schlau gemacht hatte, begann ich selber mit der Herstellung eines Fishingtools. Dazu verwendete ich eine selbstverriegelnde Mechanik, die sich über einen Konus spreizte. Je mehr Zug desto mehr Pressdruck, so der Plan. Nach einem ganzen Tag Arbeit waren das Verriegelungsstück und die Zugstangen fertig und wir konnten am Mittwochnachmittag mit dem «Fischen» starten. Zu Beginn wollte es nicht so klappen. Zudem waren sie sich plötzlich nicht mehr sicher wieviele Bohrgestänge noch unten sind. Schliesslich waren sie der einheitlichen Meinung, es müssten noch 9m Gestänge unten sein. Dies bedeutete, wir mussten nur in 20m Tiefe unser Glück versuchen. Zuerst wollte sich das Rohr nicht finden lassen und auch mit dem Mechanismus schien etwas nicht zu stimmen. So zogen wir alles nochmals heraus, überprüften es, stellten es wieder ein und schon ging es wieder hinunter. Diesmal klappte es. Schnell fanden wir das Rohr. Wir konnten das Fishingtool platzieren und den Mechanismus auslösen. Es stellte sich jedoch als unmöglich heraus, das Rohr nach dem «Andocken» hinaufzuziehen. Immer wieder versuchten wir es. Die Klemmbacken verhakten sich nicht richtig oder zu wenig, so dass es zwar unter Zug war, so dass es immer wieder nachgab. Nach etwa 2 Stunden brachen wir die Übung ab. Das Spezialwerkzeug muss nochmal überarbeitet werden und ev. klappt es dann oder es kommt noch ein richtiges Tool, mit welchem es klappt.

 

Wäre die Bohrmaschine eine Kuh, hätte man ihr schon lange den Gnadenschuss verabreicht. Jedoch ist diese Maschine das einzige, was diese Menschen haben, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. So können wir nun nur hoffen und beten, dass wir dieses Gestänge herausbekommen und das Bohrloch fertig bauen können. Wer weiss, vielleicht klappt es noch im nächsten Jahr… ansonsten wird es auf Loch #3 herauslaufen. Maschine schieben und nochmals bei 0m beginnen…

 

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